Exkursionen

Biozyklisch-veganer Anbau ganz praktisch: Eindrücke von den Exkursionen des Förderkreises

Immer mehr Landwirtinnen und Landwirte suchen nach nachhaltigen, tierfreundlichen und umweltschonenden Anbaumethoden. Der biozyklisch-vegane Anbau bietet hier eine vielversprechende Perspektive. Im Juni und Juli 2024 organisierte der Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. dank einer Projektfinanzierung durch die Deutsche Postcode Lotterie zwei spannende Exkursionen, die Interessierten einen tiefen Einblick in diese innovative und zugleich längst bekannte Anbauweise ermöglichten. Unter dem Motto „Von Praktikerinnen und Praktikern lernen, wie rein pflanzliche Düngemethoden stabile Erträge und eine erhöhte Pflanzengesundheit fördern und wie dadurch zur Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft beigetragen werden kann“, wurden zahlreiche Ansätze und praktische Umsetzungsmöglichkeiten präsentiert.

Erste Exkursion (Juni 2024): PlantAge eG, Hessische Staatsdomäne Frankenhausen und Öko-Versuchsfeld Ober-Erlenbach

Tag 1: PlantAge eG bei Frankfurt/Oder

Unsere erste Station war PlantAge eG, ein genossenschaftlich organisierter Gemüsebaubetrieb nahe Frankfurt/Oder. PlantAge baut auf 5 Hektar im Freiland und auf 2.000 m² in Folientunneln verschiedene Gemüsesorten an und kultiviert zudem auf 2 Hektar Kartoffeln. Bereits bei der Ankunft am Morgen spürte man die besondere Atmosphäre: Die 14-köpfige Gruppe wurde herzlich mit Kaffee, Snacks und frischem Gemüse vom Mitbegründer der solidarischen Landwirtschaft (SolaWi), Frederik Henn, empfangen.

Besonders spannend war die Führung durch die Packhalle, die Kühlcontainer und die Maschinenhalle, gefolgt von einer Besichtigung der Felder. Frederik Henn erläuterte die verschiedenen aktuellen Herausforderungen, wie zum Beispiel Personalmangel. Außerdem würden sie gerne einige Anbauflächen erweitern oder umbauen, aber weil viele Flächen nur gepachtet sind, können keine Hecken oder andere Schutz- und Diversitätsmaßnahmen angelegt werden. 

Bei der Einhaltung der Biozyklisch-Veganen Richtlinien stoßen sie auf einige Schwierigkeiten, insbesondere hinsichtlich der Zielvorgabe, dass in Gewächshäusern auf der gesamten geschützten Fläche zum gleichen Zeitpunkt mindestens vier unterschiedliche Kulturpflanzen angebaut sein müssen. Dies bedeutet für sie einen großen Aufwand, da ihre Gewächshäuser relativ klein sind. Praktikerinnen und Praktiker, darunter auch die Brüder Marco und Maik Möller sowie Daniel Hausmann, welche ebenfalls biozyklisch-veganen Gemüsebau betreiben, hatten viel Raum für intensiven Austausch. Inspirierend war auch, zu nutzen.

Tag 2: Hessische Staatsdomäne Frankenhausen bei Kassel

Der zweite Tag führte uns zur Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen, dem Praxis-Forschungsstandort der Universität Kassel. Dort präsentierte uns Versuchsleiter Morten Möller in einem ausführlichen Vortrag die Herausforderungen für viehlose Betriebe und den Aufbau seines Langzeitversuch zum ökologischen Landbau, dessen bio-vegane Variante verschiedene pflanzliche Düngestrategien wie Grüngutkompost, Silage und Cut and Carry . Entsprechend der Biozyklisch-Veganen Richtlinien wird in dieser Modellfruchtfolge auch viel mit Zwischenfrüchten gearbeitet. Der gänzlich vegane Versuch ist dabei einer von vier Modellversuchen zu verschiedenen Betriebstypen und wird anhand unterschiedlicher Parameter wie Humusaufbau, Ertragsniveau, Pflanzennährstoffgehalte und Bodenbiologie über mehrere Jahre mit den anderen drei Modellen verglichen. Erste Ergebnisse sind sehr vielversprechend. Faszinierend war insbesondere die Diskussion über die finanziellen Hürden für eine langfristige Fortführung des Versuchs und die Bedeutung langfristiger Forschung, einschließlich einer umfassenden Bodenbeprobung, die über zehn Jahre hinausgeht. Ein weiteres Highlight war der Besuch der kleinen Kompostanlage, wo wir die verschiedenen Reifestadien des selbsthergestellten, rein pflanzlichen Komposts begutachten konnten.

Wenn Sie am konkreten Versuchsaufbau interessiert sind, empfehlen wir dieses Video von einem Vortrag des Versuchsleiters auf der Biozyklisch-veganen Vernetzungstagung 2022: https://www.youtube.com/watch?v=n-dOj1MGBj4&t=8s

Tag 2: Öko-Versuchsfeld Ober-Erlenbach des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH)

Anschließend machten wir uns auf den Weg Richtung Frankfurt/Main zum Öko-Versuchsfeld Ober-Erlenbach des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen. Dort hatten wir die Gelegenheit, mit dem Versuchsleiter Dr. Andreas Hammelehle zu sprechen und die verschiedenen Fruchtfolgeglieder einer 6-jährigen Rotation zu besichtigen. Der Standort in der Wetterau zeichnet sich dadurch aus, dass die Bedingungen sehr trocken und warm sowie die Böden recht fruchtbar sind und ein hoher Anteil der landwirtschaftlichen Betriebe viehlos wirtschaftet. Auf dem Versuchsstandort wird daher ein intensiver viehloser Marktfruchtanbau auf Grundlage verschiedener Verwendungsmöglichkeiten der Futterleguminosen erprobt. Die Ergebnisse der ersten Rotation haben positive Effekte auf die Erntemenge in den Düngevarianten Biogas mit Aufdüngung mit Zukaufsdünger, Transfermulch, Biokohle und Kompostgaben gezeigt. Es wurde über die vielfältigen Vorteile von Hülsenfrüchten als Fruchtfolgeglieder oder Zwischenfrüchte zur Stickstofffixierung im Boden berichtet, und wir konnten den Sojaanbau in Augenschein nehmen, der aufgrund der Bedingungen in diesem Jahr sehr gut gelungen ist. Kontrovers war der Austausch über die dort genutzten sogenannten „Göttinger Wannen“, welche die Feldmäuse in eine Wanne locken, aus der Raubvögel sie leicht erbeuten können.

Wenn Sie am konkreten Versuchsaufbau interessiert sind, empfehlen wir dieses Video von einem Vortrag des Versuchsleiters auf der Biozyklisch-veganen Vernetzungstagung 2022: https://www.youtube.com/watch?v=DGq3NAeWouI&t=8s

 

Zweite Exkursion (Juli 2024): Planty Organic und Zonnegoed

Tag 1: Planty Organic in Kollumerwaard (Niederlande, Provinz Friesland)

Die zweite Exkursion begann mit einem Besuch des Dauerfeldversuchs Planty Organic des Versuchsbetriebs Kollumerwaard im Norden der Niederlande. Dieses Projekt untersucht rein pflanzliche Stickstoffkreisläufe ohne externe Inputs, d.h. unter sogenannter Stickstoffautarkie, was den biozyklisch-veganen Grundgedanken mehr als widerspiegelt. Der erste Tag startete mit Geert-Jan van der Burgts   des Versuchsaufbaus und der 6-jährigen Fruchtfolge, welche für die Gegend annähernd repräsentativ ist und die neben der nötigen Leguminosen(gemenge) u.a. Kürbis, Saatkartoffel und Getreide enthält. Bei der Feldbegehung war besonders spannend zu sehen, dass auf dem salz- und nährstoffreichen Boden, der vor 15-20 Jahren noch unter dem Wasser der Nordsee lag, vielversprechende Erträge erzielt werden .

Obwohl das Experiment seit 2011 ohne jegliche externe Nährstoffeinträge durchgeführt worden war, werden nun auf ¾ der Versuchsfläche Grüngut-Kompost ausgebracht, um herauszufinden, ob sich der Kohlenstoffgehalt des Bodens, in Form von Humus, so steigern lässt. Bisher war er über die Jahre in etwa gleichgeblieben.

Besonders erfreulich war die Teilnahme von Isaäc Bos, einem biozyklisch-veganen Landwirt aus dem Westen der Niederlande, dessen Betrieb aufgrund der Entfernung nicht Teil der Exkursion war, aber welcher dennoch wertvolle Beiträge leisten und sich mit den anderen Teilnehmenden vernetzen konnte. Diese Begegnungen zeigten deutlich das starke Interesse an einer internationalen Vernetzung und die Zukunftsfähigkeit der biozyklisch-veganen Landwirtschaft.

Wenn Sie am konkreten Versuchsaufbau interessiert sind, empfehlen wir dieses Video von einem Vortrag des Versuchsleiters auf der Biozyklisch-veganen Vernetzungstagung 2022: https://www.youtube.com/watch?v=VJJyJSAJyZ8&t=9s

Tag 2: Zonnegoed in Ens (Niederlande, Provinz Flevoland)

Am zweiten Tag besuchten wir den großen biozyklisch-vegan wirtschaftenden Gemüsebaubetrieb „Zonnegoed“ in Ens. Hier trafen wir auch zwei Vertreter der Stiftung Plenty Food, welche sich für Ernährungssouveränität durch den Anbau von Pflanzen, vor allem im globalen Süden, einsetzt und welche sich aktiv am Austausch beteiligten. Besonders beeindruckend war die Geschichte des Betriebs, der seit über 30 Jahren besteht und sich von konventionell über Bio und Demeter aus tiefer Überzeugung hin zum biozyklisch-veganen Anbau entwickelt hat.

Leider wurde unsere Besichtigung der Felder durch starken Regen unterbrochen, sodass wir wieder ins Gebäude wechseln mussten. Trotz des Wetters herrschte eine inspirierte Atmosphäre, und es fand ein reger fachlicher Austausch zwischen Forschenden und der Praxis statt. Die Teilnehmenden waren begeistert von der Mischung aus wissenschaftlichem Hintergrund und praktischer Erfahrung. Ein besonderes Highlight war die Besichtigung des Fruit Forests, welcher im Herzen der Anlage liegt. Zudem plant Betriebsleiter Joost van Strien in Zukunft 15 % seiner Fläche mit Agroforst zu bepflanzen und die Biodiversität seines Hofs so weiter zu erhöhen. Außerdem konnten wir den Streifenanbau bewundern, welcher in 18m breiten Abschnitten die Fruchtfolge wiederkehrend darbietet. Hier ist auch die für deutsche Verhältnisse große Arbeitsbreite von 3m hervorzuheben, die sich perfekt für diese Anbauweise eignet.

Fazit: Die Exkursionen des Förderkreises Biozyklisch-Veganer Anbau e.V. boten nicht nur wertvolle Einblicke in die praktische Umsetzung dieser nachhaltigen Anbauweise, sondern ermöglichten auch einen intensiven Austausch zwischen den Teilnehmenden. Auch bei den gemeinsamen Mahlzeiten vertieften sich die Gespräche und führten zu neuen Erkenntnissen und Ideen. Die Exkursionen haben eindrucksvoll die vielfältigen Möglichkeiten des biozyklisch-veganen Anbaus demonstriert, und sie sind ein herausragendes Beispiel dafür, wie durch Gemeinschaft, Austausch und Innovation zukunftsfähige landwirtschaftliche Praktiken entwickelt und umgesetzt werden können. Für alle, die sich für nachhaltige und tierfreundliche Anbaumethoden interessieren, bieten solche Exkursionen eine hervorragende Gelegenheit, praxisnahe Einblicke zu gewinnen und sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Wir freuen uns darauf, den Austausch fortzusetzen und weitere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und Vernetzung zu erkunden.

Dieses Projekt wird gefördert durch die Deutsche Postcode Lotterie.